KulturSpringer

Kultur als Motor für Dorfgeschichte und Stadtentwicklung

Die Rösselsprung-Kampagne

Seit 25 Jahren springt der Verein Kunst und Begegnung Hermannshof in Rösselsprüngen durch die Kunst und Kultur der Jetztzeit. In alle Richtungen. Mit preisgekrönten Projekten zwischen lautpoetischer Räubergeschichte, Traktorenkonzert und Klangkunst. Er bezieht oftmals Bürgerinnen und Bürger mit ein in die Programme. Seit 2007 ist der Hermannshof Kulturdenkmal. Und heute ein „Leuchtturm“ in der südwestlichen Region Hannover.

Wir wollen die Qualitäten der langjährigen professionellen Arbeit aus dem geschützten Raum des Hermannshofes in Dorf und Stadt bringen. Denn die kulturelle Landschaft in Springe ist vielfältig und benötigt zugleich bessere Koordination - unter den Kulturschaffenden selber, aber auch im Verbund mit Politik und Verwaltung. Der Hermannshof will Plattform sein für diese Entwicklung. Mit Inhalten und Programmen für eine breite kulturelle Teilhabe, die sich nicht auf den Hermannshof beschränkt, sondern in die Fläche springt. Über die Generationen hinweg mit Alteingesessenen und Neu-Eingebürgerten, mit Einheimischen und Geflüchteten, mit Schulen, Vereinen und Verbänden. Mit koordinierenden Begegnungen und Aktionen zwischen der Verwaltung, Stadtmarketing, Gewerbetreibenden und Kulturschaffenden.
Kontinuität im Prozess sichert die nötige Nachhaltigkeit! Sie ist herausfordernd, weil sie eine Vielzahl verschiedener Menschen zusammenführen soll, die alle in ganz verschiedenen Ebenen und Strukturen arbeiten und leben. Wir sind der festen Überzeugung, dass diese Zusammenführung in neue Strukturen und Arbeitsebenen gerade mit lebendiger Kultur, gelebten Inhalten, vielfältigen Programmen und Exzellenz–Projekten möglich sein kann.
Die Rösselsprung-Kampagne begann im Juni 2018 mit einer Laufzeit von drei Jahren. Sie endet am 31.12.2020.

Das erste Jahr - Fazit 2018

Die Förderung des „Kulturspringers“ durch den PTBLE hat 2018 wunderbare Impulse gesetzt bei dem Ziel, die kulturelle Identität in Stadt und Kommune zu stärken. Und dabei die wirtschaftliche und touristischen Attraktivität für die Stadt Springe mit ihren zwölf Ortsteilen zu erhöhen. Wir sind dafür auf einem sehr guten Weg.
Aufgabe war es 2018, einen Kulturstammtisch zu gründen, ein Feriencamp mit Geflüchteten zwischen 18 – 25 Jahren der „Sprint“ -Klassen durchzuführen aus dem Sprachförderbereich der Berufsbildenden Schulen Springe und in einem Chorprojekt über 100 Chorsängerinnen aus kommunalen und regionalen Chorvereinen auf dem Hermannshof zu Vereinen.
Wir haben es geschafft! Die genannten Vorhaben sind realisiert worden. Mehr noch: die Ergebnisse aus 2018 finden in 2019 ihre Fortsetzung und Verstetigung. Darüber sind wir wirklich sehr glücklich.
Kleine Statistik: Über das Programm des „Kulturspringers“ gab es 15 Tage Workshops Schulprojekt / 6 Probentage Chorprojekt / 1 Konzert-Aufführung / 2 Treffen Kulturstammtisch. Und NEU: 22 Probenabende der Jagdhornbläsergruppe Springe. Denn diese Gruppe hat über das Projekt und die Querverbindungen den Hermannshof als Probenort für sich entdeckt. Projekt 2019 folgt!

Der Kulturstammtisch

In zwei Treffen im Juni und im Oktober 2018 wurde der Stammtisch begründet. Aus diesem Anlass besuchte auch der Kulturausschuss der Stadt Springe den Hermannshof. Es zeigte sich, dass es großer Geduld bedurfte, die verschiedenen Partner an einen Tisch zu bekommen. Denn diese Treffen bedeuten für alle Beteiligten zusätzlichen Arbeitsaufwand. Es geht voran. Hervorzuheben ist, dass Hanna Kahle, Leiterin des Fachbereiches Bildung und Soziales der Stadt Springe, bei den Treffen immer dabei war. Diese Kooperation ist fruchtbar, Türöffner und Motor für die Umsetzung unseres Projektes mit Kunst und Kultur in den Feuerwehrhäusern der 12 Ortsteile.

Fremde Heimat – heimatliche Fremde

Praktikum und Feriencamp mit Geflüchteten und Einheimischen zwischen 18 – 25 Jahren  der „Sprint“ -Klassen aus dem Sprachförderbereich der Berufsbildenden Schulen Springe - Praktikumswochen vom 04. bis 15. Juni 2018
An insgesamt zehn Arbeitstagen fand im genannten Zeitraum ein zweiteiliger Workshop statt, an dem 10 junge Erwachsene teilgenommen haben. Die Gruppe bestand aus jungen Männern und Frauen aus dem Irak und Syrien mit Fluchthintergrund sowie aus deutschen, polnischen und kroatischen jungen Erwachsenen. Alle sind Schüler der BBS und durchlaufen unterschiedliche Ausbildungswege, teilweise auch in Sprachlernklassen. Die Teilnahme an der Maßnahme wurde vonseiten des Kooperationspartners BBS Springe als reguläres Berufspraktikum anerkannt und den Teilnehmenden auch als solches von uns bescheinigt.
In der ersten Woche war das Thema Smartphone-Fotografie: Der Workshop wurde von Bela Leimeter, einem Braunschweiger Fotografen, Graphik-Gestalter geleitet. Die Motivwahl hatte neben der künstlerischen Perspektive auch eine inhaltliche Komponente, nämlich die Darstellung des eigenen Ich, des eigenen Weges. So setzten sich die Teilnehmenden selbst oder gegenseitig in Szene und verfremdeten die reinen Fotografien mit Mitteln der Doppelbelichtung, der Farbkorrektur u.ä.
In der zweiten Woche übernahm die Berliner Künstlerin Stefanie Schairer die Leitung der Gruppe. Ihr Augenmerk richtete die erfahrene Pädagogin auf die Zusammenarbeit in der Gruppe. Es sollten Gemeinschaftsarbeiten in verschiedenen künstlerischen Formaten entstehen, aber auch individuelle Objekte und Zeichnungen. In verbalen Gesprächen, aber auch in non-verbalem künstlerischen Dialog konnten die Teilnehmenden musterhaft ihr eigenes Herangehen zur Darstellung „seines“ oder „ihres“ Weges überlegen und einbringen. Es entstanden so in der Zusammenarbeit großformatige Acryl-Bilder. Präsentiert wurden die Ergebnisse kurz vor den Sommerferien in den BBS Springe. - Ferienworkshop: Audio-Selfie, vom 01. bis 05. Oktober 2018.
Dieser Workshop mit den Radioprofis Janine Lüttmann, Regisseurin und Autorin von Hörspielen, nebst Marko Pauli, Autor und Produzent von Hörfunk-Features, hatte zum Ziel, eigene kleine Audio-Selfies zu produzieren. Dabei wurde den Geflüchteten die Arbeit mit Audiomaterial nähergebracht und ihnen dabei zugehört, wie sie sich in deutscher Sprache mit ihrer Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft auseinandersetzen. Großartig und berührend die Interviews und Offenbarungen. Die Zeitung berichtete!
Fazit und Ausblick: Die Zusammenarbeit zwischen den Schulen und der Stadt Springe ist so erfolgreich, dass sich im Februar 2019 eine schulübergreifende Steuerungsgruppe gebildet hat, die sich zweimal im Jahr trifft und weitere Praktika und Workshops inszenieren möchte.

Das zweite Jahr - die weiteren Vorhaben

"Fremde Heimat – heimatliche Fremde"
Fortführung der Workshop-Angebote für Schüler von Springer Schulen mit Inhalten aus den Bereichen Kulturelle Bildung und Ästhetische Praxis
War das Angebot im ersten Jahr vorwiegend an SchülerInnen der BBS Springe angelehnt, sollen im zweiten Jahr alle Springer Schulen an dem Angebot partizipieren dürfen. Zur Durchführung der Workshops im zweiten Jahr mit Praktikumswochen und Feriencamps ist vorstellbar, dass sich aus den Workshops des 1. Jahres ein Schülerteam - mit und ohne Migrationshintergrund – bildet. Dieses Schülerteam soll das Projekt 2019 fortführen. Diese Herangehensweise - SchülerInnen entwickeln und koordinieren im Team Inhalte - ist für alle Beteiligten herausfordernd. Zugleich besteht darin eine große Chance, dass die Jugendlichen Verantwortung übernehmen für IHR Projekt. Der Hermannshof begleitet diesen Prozess, gibt den Jugendlichen Hilfestellungen.
Ziele der Rösselsprung-Kampagne sind der Aufbau neuer, vernetzender Strukturen in der Fläche über kulturelle Inhalte. Angestrebt wird die Bildung eines Arbeitskreises „Jugend/Kultur/Bildung“ für übergreifende Integrationsarbeit. Weiterhin soll die Koordination von Aktivitäten zwischen Jugendzentren / Schulen / Kulturträgern und den bisher vernachlässigten Bildungsschüler/inne/n aus den zahlreichen (Erwachsenen-) Bildungseinrichtungen in Springe gefördert werden. Und damit kulturelle Teilhabe auf breiter Ebene. „Die Kunst mit dem Feuer“
Künstlerische Interventionen in den Feuerwehr-Gerätehäusern der Springer Ortsteile
Im zweiten Jahr soll die Kampagne in die Fläche getragen werden, werden die Ortsteile mit einbezogen über ortspezifische Eigenheiten. Die Feuerwehrgerätehäuser sind solche ortspsezifische Eigenheiten, ja, „heimliche“ Dorfmittelpunkte. In den Kommunalen Haushaltsdebatten werden intensive Diskussionen in der Kosten- Nutzenrechnung über die Bedeutung dieser Häuser geführt – renovieren, neu bauen oder gleich „ausmustern“ ?! Das führt zu Missstimmungen. Hier setzt die Kampagnen an, mit künstlerischen Mitteln diese Häuser temporär als kulturellen Dorfmittelpunkte zu fokussieren und darüber auch die Ortsteile - fernab jeglicher Konkurrenz finanzieller Unterhaltung der Häuser - miteinander zu vernetzen.
Die künstlerischen Inhalte umfassen alle Disziplinen: Malerei zum Thema Feuer-Rot. Bildhauerei mit Feuerball und Schmiedekunst, Autorenlesungen zum Thema Feuer und Wache, Filme mit Feuerwehr Filmklassikern wie Flammendes Inferno (1974) / Backdraft – Männer, die durchs Feuer gehen (1991)  / Im Feuer (2004).
Das Programm soll in Zusammenarbeit mit dem Kulturstammtisch und Vertretern der Freiweilligen Feuerwehren der jeweiligen Ortsteile konzipiert werden. „Hinterland“
Künstlerische Interventionen im Dorf Völksen in Kooperation mit der Intraregionale 2019, einem Zusammenschluss von 10 regionalen Kunstvereinen
Bei diesem Projekt steht das Dorf Völksen mit seinen über 700 Jahre alten Mauern und engen Gassen im Mittelpunkt. Im Rahmen der Intraregionale 2019 – einer Ausstellung mit Landschaftskunst, die an 10 verschiedenen Orten in der Region Hannover gezeigt wird - soll ein Künstler, eine Künstlerin eingeladen werden, die das Dorf Völksen mit temporärer Kunst im Außenraum bespielt. Die KünstlerInnen werden von den Vertretern der hiesigen Kunstvereine ausgewählt. Auf diese Weise ist das dörfliche Projekt eingebunden in das regionale Umfeld. Wesentlicher Aspekt für die Auswahl ist der Sozio-kulturelle Gedanke, die Einbindung und Partizipation der Alt- und Neu Völksener in diese Ausstellung. „Licht am Deister“
Lichterumzug durch die Kernstadt Springe
Gemeinschaftsaktion mit den Grundschulen der zwölf Ortsteile mit eigenen Lampions und Lichtobjekten
Springe ist Stadt des Lichts. Hier wurde Heinrich Goebel geboren, der noch vor Edison die Glühbirne erfunden haben soll. Dieser Umstand ist Aufhänger für einen groß angelegten Lichterumzug durch die Kernstadt. Mit dabei sind Schülerinnen und Schüler Springer Schulen und die Grundschulen der Springer Ortsteile. Die Idee: Schüler bauen individuelle Lampions und Licht-Objekte, die sie an dem Abend des Umzugs der Öffentlichkeit vorstellen. Vielfalt kennt keine Grenzen. Begleitet werden die Akteure von Musikvereinen und Spielmannszügen. Das leuchtende Treiben in dunkler Jahreszeit ist ganz sicher ein Jahres-Highlight und lockt bestimmt über 1000 Besucher in die Innenstadt.

Das dritte Jahr – Dokumentation/Digitale Plattform

Im letzten Jahr der Kampagne sollen die verschiedenen Projekte so miteinander vernetzt werden, dass die Inhalte von den Beteiligten selber nach Projektabschluss in Eigenregie entwickelt und weitergeführt werden. Im Dezember 2020 treffen sich alle Beteiligten zu einem Evaluationstag. Wünschenswert wäre an diesem Tag die Teilnahme eines Vertreters / einer Vertreterin aus dem Kompetenzzentrum Ländliche Entwicklung
Besonderes Augenmerk liegt auf der Dokumentation. Sie wird nachfolgend konkret vorgestellt.
März – November 2020: Digitalisierung, Internet Plattform und Soziale Medien
Das sind die Schlagworte für eine Dokumentation. Vorstellbar ist, dass jeweilige Themenbereiche ein internes Forum bekommen, in dem sich die verschiedenen Akteure über Fördermöglichkeiten, gemeinsame Projekte oder Vorbereitungen gemeinsamer Arbeitskreistreffen schneller austauschen können. Somit würde die Vernetzung der verschiedenen Leistungsträger in den jeweiligen Bereichen weiter ausgebaut werden.
Dazu kommen Social-Media-Aktivitäten aktiver digitaler Kommunikation in den sozialen Netzwerken, wie beispielsweise Instagram und Twitter, mindestens aber bei Facebook, beteiligen. Dort kann die Kampagne gezielt profiliert werden. Die Informationen zu Veranstaltungen, Kampagnen und Projekte können schnell und einfach viele Menschen erreichen. Zudem könnten auf den Plattformen verschiedene, insbesondere kleinere Leistungsträger gezielt beworben und miteinander vernetzt werden, z.B. indem jeden Monat ein neuer Akteur vorgestellt und verlinkt wird. Ziel ist es, prozessbegleitend einen Netzwerkmanager der Kommune in diese Aktivitäten einzubinden

Ziele

Zielsetzungen für den Hermannshof:

  1. Der Ort soll als Plattform für Netzwerkarbeit vor Ort fungieren
  2. Die Exzellenz der Programme soll in die Breite getragen werden
  3. Die Standortentwicklung soll über kulturelle Teilhabe gestärkt werden
  4. Kontinuierlicher Einbezug der regional ansässigen Vereine und Verbände in die Programme
  5. Ansprache neuer Zielgruppen mit der Kampagne

Zielsetzungen für die Kommune:

  1. Die Kampagne soll als Motor für die Standortentwicklung und die Belebung der Innenstadt und der Ortsteile fungieren
  2. Es sollen Synergieeffekte zwischen Verwaltung, Stadtmarketing, Gewerbetreibenden und Kulturschaffenden für Effizienz und Mehrwert geschaffen werden
  3. Die Kampagne soll die Basis für Gründung eines Kulturrings als Kulturpartner für den WIR (Werbe- und Informationsring) sowie Tourismus und Stadtmarketing sein
  4. Es sollen Aktivitäten zwischen Jugendzentren / Schulen / Kulturträgern und den bisher vernachlässigten Bildungsschülern aus den zahlreichen (Erwachsenen-)Bildungseinrichtungen in Springe koordiniert werden, damit kulturelle Teilhabe auf breiter Ebene gefördert wird.
  5. Vernetzung von Kulturarbeit Freischaffender mit städtischen Angeboten und Festen6. Vernetzungen der kulturellen Angebote mit branchenübergreifenden Angeboten und Dienstleistungen
  6. Stärkung von Begegnungen von Alt-Eingesessenen mit Neubürgern zwischen Tradition und Moderne.
  7. Stadt und Region miteinander über Kultur zu verweben.

Innovation/ Modellhaftigkeit/ ÜbertragbarkeitInnovativ ist die Form der breit angelegten Rösselsprung-Kampagne. Da sind einerseits die komplexen Inhalte auf hohem künstlerischen Niveau und Kulturelle Teilhabe mit breiter Wirkung, die in die Stadt und umliegenden Ortsteile strahlen. Dazu kommen die verschiedenen Partner, die sich „plötzlich“ im tätigen Prozess miteinander finden. Modellhaft ist die Umsetzung. Vom Nukleus Hermannshof geht der emphatische und experimentelle Impuls mit vielen Partnern in die Fläche. Die (digitale) Dokumentation sichert die Ergebnisse, lädt zur Teilhabe und zur weiteren nachhaltigen Arbeit ein. Eine Übertragbarkeit der Kampagne ist überall da gegeben, wo ähnliche städtische Strukturen vorhanden sind wie bei Stadt Springe. Im Flächenland Niedersachsen gibt es derer eine Menge. Bundesweit ist die Kampagne von Interesse, denn „hohe“ Kultur mit besonderer Güte schafft gerade in der Breite generell Mehrwert  für alle.
Was wir selber dazu beitragen:
Unser Verein ist Mitglied in der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Soziokultur Niedersachsen. Wir werden die Kampagne im Rahmen der nächsten Mitgliederversammlung im September den Mitgliedern ausführlich vorstellen und darüber diskutieren. Das Thema der MV: Stadtentwicklung und Kultur in Klein- und Mittelstädten - welche Rolle spielt Soziokultur in Stadtentwicklungsprozessen – ein Austausch. Welche Rolle soll sie zukünftig spielen und wie ist der Weg dorthin?